30.09.2025
Seit 40 Jahren gehe ich nun bergsteigen – und seit 30 Jahren möchte ich einmal auf den Hohen Göll in den Berchtesgadener Alpen, gegenüber dem berühmten Watzmann. Mitte September hat es endlich geklappt.
Nach einer Nacht im Auto auf dem Parkplatz an der Scharitzkehlalm starten Karin und ich gegen 6:30 Uhr. Unser Ziel ist die Überschreitung von Hohem Göll und Hohem Brett über die Scharitzkehlrunde. Zügig steigen wir in Richtung Westwand des Hohen Göll. Schon kurz nach dem Start geht es steil bergauf – etwa eine Stunde lang über den Steftensteig, eine teils mit „Steften“ versicherte Rinne –, hinauf Richtung Kehlsteinhaus, um den Mannlgrat zu erreichen. Über diesen eindrucksvollen, mit Türmen besetzten Grat geht es mit Klettersteigsicherung (teils bis C) nach Süden. Das Gelände wechselt zwischen kurzen Auf- und Abstiegen und ungesicherten Gehpassagen.
Die Wetterprognose war mittelprächtig: bedeckt, aber trocken. Am Grat zog zeitweise Nebel durch, dennoch war es angenehm mild. Ab etwa 2.250 m Höhe begann der eigentliche Gipfelaufbau, eine karstige Flanke. Hier konnte der Wind ungehindert angreifen, und ab rund 2.400 m waren Felsen, Pflanzen und auch die noch vereinzelt vorhandenen Drahtseile mit Rauhreifblumen überzogen. Ein eisiger Wind wehte – wir holten sämtliche Kleidung aus dem Rucksack und zogen sie an. Warm wurde uns trotzdem nicht. Am Gipfel des Hohen Göll (2.522 m) mit seinem schönen Kreuz machten wir eine kurze Rast. Bis dahin waren wir niemandem begegnet. Erst jetzt kamen zwei junge Frauen vom Purtschellerhaus herauf, die sich am Gipfel ebenfalls winterfest einpackten, um die Rast zu überstehen.
Nach ein paar Fotos setzten wir unseren Weg über den Grat zum Hohen Brett fort. Etwa eine halbe Stunde unterhalb des Gipfels ließ der Wind nach, und die Sonne zeigte sich gelegentlich. So konnten wir den Weg durch die eindrucksvolle, von Höhlen und Dolinen durchzogene Karstlandschaft deutlich entspannter genießen. Über einen schönen Grat mit leichtem Auf und Ab sowie kleinen Kraxelstellen erreichten wir das breite Gipfelplateau des Hohen Brett (2.340 m). Von hier bietet sich ein großartiger Blick auf Watzmann und Berchtesgaden. Der Watzmann selbst blieb allerdings in Wolken gehüllt, sodass nur das Watzmannhaus und der Grat zum Hocheck zu sehen waren. Die Sonne ermöglichte hier eine ausgedehntere Gipfelrast, und wir trafen nun auch auf vermehrten Wanderbetrieb vom Stahlhaus her.
Nach etwas „Anzugserleichterung“ traten wir den Abstieg in Richtung Hinterbrand an. Der nicht markierte Steig führt steil über die Hänge des Hohen Bretts, vorbei an Jägerkreuz und Brettgabel, hinunter zum Parkplatz Hinterbrand. Unten kamen wir noch einmal ordentlich ins Schwitzen – der Steig ist steil, erdig und mit Kletterstellen bis zum I. Grad gewürzt. Zum Glück hatten wir ein Auto in Hinterbrand geparkt, das uns nach rund zehn Stunden intensiver Bergtour den einstündigen Rückweg zur Scharitzkehlalm ersparte.
Insgesamt eine lohnende, großzügige Bergtour – bei schönem Wetter mit eindrucksvoller Aussicht auf die umliegenden Gipfel.
Eckdaten: ca. 14 km, 1.800 Hm, Gehzeit rund 9 Stunden.
Text: Norbert Siegel